Der mensch hat gestern im Gespräch mit einem engagierten Feuerwehrmann ein neues Wort gelernt: Dreiwortadressen. Ich war bass erstaunt, habe mir die App geladen und ein wenig nachgelesen. Das Thema fasziniert und scheint mir unbedingt bemerkenswert, weshalb es notiert werden muss.
Eine präzise Welt in drei Worten
In einer zunehmend vernetzten Welt, in der präzise Standortangaben Leben retten oder Pakete pünktlich ankommen lassen können, präsentiert das britische Start-up what3words eine kreative und innovative Lösung: Es teilt die gesamte Erdoberfläche in 3 m × 3 m große Quadrate ein – und weist jedem dieser Quadrate eine einmalige Kombination aus drei Wörtern zu. Klingt ungewöhnlich und ist es auch. Aber in vielen Bereichen kann diese Idee große Vorteile bringen.
Die Idee hinter what3words
Die Idee wurde 2013 vom britischen Musiker Chris Sheldrick geboren. Als Konzertorganisator war er häufig mit dem Problem ungenauer Adressen konfrontiert – besonders bei Veranstaltungen in ländlichen Gegenden oder weitläufigen Arealen. Koordinaten sind zwar genau, aber schwer zu merken oder fehleranfällig bei der Übermittlung. Die Lösung: Ein System, das dieselbe Präzision bietet, aber leicht zu kommunizieren ist. So entstand what3words.
Das System basiert auf einem mathematischen Algorithmus, der jeden Punkt der Erde einem eindeutigen Wort-Dreiergespann zuweist. Beispielsweise steht „///insel.äpfel.schnee“ für einen Ort im Hamburger Stadtpark, während „///kette.sofa.fenster“ eine ganz andere Stelle auf einem anderen Kontinent markieren könnte.
Die Apps und Funktionen
what3words bietet sowohl eine kostenlose App für iOS und Android als auch eine Web-Anwendung, mit der Nutzer:innen ihren Standort teilen, nach einem bestimmten 3-Wort-Code suchen oder sogar offline navigieren können. Die App funktioniert in mehreren Sprachen und ist besonders bei Wanderern, Rettungsdiensten und Outdoor-Enthusiast:innen beliebt.
Darüber hinaus gibt es Integrationen in Navigationssysteme wie Mercedes-Benz, Subaru oder Apps wie Komoot, AutoNavi (in China) oder Cabify. Auch Logistikunternehmen nutzen what3words zur Verbesserung der Liefergenauigkeit – gerade in Ländern mit unzureichender Adressierung.
Wo what3words heute eingesetzt wird
- Rettungsdienste: In Großbritannien und anderen Ländern setzen Feuerwehr, Polizei und Notdienste auf what3words, um Menschen in Not schneller zu finden.
- Humanitäre Hilfe: Organisationen wie das Rote Kreuz oder die UN verwenden das System, um Lager und Hilfsgüter präzise zu koordinieren.
- Reisen & Abenteuer: Camper, Wanderer und Offroad-Reisende nutzen die App, um abgelegene Orte zu markieren und wiederzufinden (Beispiel Geocaching!).
- Lieferdienste & E-Commerce: In Regionen mit schlechter Adressstruktur – etwa in Teilen Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas – können what3words-Adressen den letzten Lieferkilometer erheblich verbessern.
Kritik an what3words
Trotz seiner kongenialen Grundidee ist what3words als Dienst nicht unumstritten.
1. Proprietäres System
Das größte Argument gegen what3words ist, dass es kein offener Standard ist. Die Software ist urheberrechtlich geschützt und das Unternehmen kontrolliert die Nutzung. Kritiker:innen argumentieren zu Recht, dass ein globales Adresssystem möglichst offen und interoperabel sein sollte – ähnlich wie GPS-Koordinaten.
2. Fehleranfälligkeit durch ähnliche Wortkombinationen
Ein kleines Missverständnis oder ein Tippfehler kann gravierende Folgen haben. So kann „///hafen.tiger.boot“ schnell mit „///hafen.tiger.brot“ verwechselt werden – was aber Hunderte Kilometer entfernt liegen könnte. In Notfallsituationen kann das zu gefährlichen Verzögerungen führen.
3. Mangelnde Universalität
Da das System auf Wörtern basiert, die je nach Sprache lokalisiert werden, führt dieselbe Stelle in Deutsch zu einer anderen Wortkombination als in Englisch. Das macht internationale Zusammenarbeit manchmal komplizierter.
4. Langfristige Abhängigkeit
Einige Kritiker:innen äußern Bedenken, dass staatliche Einrichtungen oder Hilfsorganisationen sich langfristig von einem kommerziellen Anbieter abhängig machen, der theoretisch Gebühren einführen oder Zugänge einschränken könnte.
Fazit
what3words ist ein faszinierendes System mit einem echten Mehrwert in bestimmten Situationen – vor allem dort, wo klassische Adressen versagen oder GPS-Koordinaten zu unhandlich sind. Die einfache Bedienung, breite Sprachunterstützung und wachsende Integration in bestehende Apps und Systeme machen es besonders attraktiv.
Gleichzeitig bleibt ein kritischer Blick angebracht: Für eine globale Lösung der Adressierungsproblematik sollte tatsächlich Transparenz und Offenheit gewährleistet sein. Wer what3words nutzt, sollte sich dieser Debatte bewusst sein – und das Tool gezielt dort einsetzen, wo es einen wirklichen Mehrwert bringt.
Foto: what3words
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