Will und Roswitha Quadflieg: Ich will lieber schweigen

Ich habe gelesen: „Ich will lieber schweigen“ von Will und Roswitha Quadflieg.

Will Quadflieg war einer der großen deutschen Schauspieler des letzten Jahrhunderts, dessen Karriere in der Zeit des Nationalsozialismus begann. Viele Jahre nach seinem Tod stößt seine Tochter Roswitha auf ein Tagebuch, das er gegen Ende des Zweiten Weltkriegs begonnen hatte. Es ist der Auftakt zu einem Gespräch mit dem Vater, das zu dessen Lebzeiten leider nie geführt wurde.

Was also hast du im Krieg gemacht?

Im März 1945 rückt die Front unaufhaltsam näher an Berlin. In der Bevölkerung herrschen Angst und Hoffnungslosigkeit. Roswithas Eltern trennen sich: Die Mutter flieht mit den Kindern nach Schweden, in ihre Heimat. Der Vater bleibt zurück, zieht durch das kriegserschütterte Land, trägt Soldaten Gedichte vor – und beginnt, seiner Frau in einem Tagebuch zu schreiben.

Nach dem Tod der Mutter entdeckt Roswitha dieses Tagebuch sowie zahlreiche Briefe des Vaters. Diese Zeugnisse erzählen von Flucht, Angst und Liebe, aber auch vom Versuch, ein Bild deutscher Kultur aufrechtzuerhalten – und zugleich von Schuld, sprachlicher Verdrängung und Selbsttäuschung. Roswitha Quadflieg setzt die Puzzlestücke zu einer Chronik von 103 Tagen im Leben ihres Vaters zusammen – und stellt ihm rückblickend unbequeme Fragen. Entstanden ist ein kluges, tiefgründiges Buch, das ein lang überfälliges Gespräch nachholt.


Mein Fazit: Roswitha Quadflieg hat mit Ich will lieber schweigen ein bemerkenswert vielschichtiges Buch vorgelegt: eine literarische Spurensuche, eine späte Auseinandersetzung mit dem Vater – dem gefeierten Schauspieler Will Quadflieg – und ein stiller Dialog über Schuld, Verdrängung und die Macht der Sprache. Die Mischung aus Briefen, Tagebucheinträgen und kommentierender Reflexion macht das Buch zu einer eindrucksvollen Collage. Gelobt werden muss Roswitha Quadfliegs analytischer Zugriff: Sie scheut sich nicht vor kritischen Fragen, verliert dabei aber nie den menschlichen Blick.

„Ich will lieber schweigen“ ist ein kluges, intensives Buch – nicht nur über einen berühmten Vater, sondern über das Schweigen einer ganzen Generation. Ihr solltet es gelesen haben.


Will und Roswitha Quadflieg
„Ich will lieber schweigen“

Das Tagebuch eines Schauspielers aus den Jahren 1945/46 und die Fragen seiner Tochter

ca. 320 Seiten

Gebunden mit SU

Deutsche Erstausgabe

Mit zahlreichen Abbildungen, Personenregister, Zeittafel und Landkarte

€ 26,00 (D) / € 26,70 (A)

ISBN 978-3-98568-171-6

Erschienen am 24. April 2025


Symbolbild von Blaz Photo auf Unsplash


Entdecke mehr von Rappelsnut

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Rappelsnut
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.